...daheim und doch in der Fremde.
Es wäre doch zu schön gewesen, um wahr zu sein. Die FDP probte den Aufstand zum Thema ,,doppelte Staatsbürgerschaft". Was sich zu einer handfesten Koalitionskrise zu entwickeln schien, endete doch mit einem Wimmern.
Bundesfinanzminister Waigel fing an zu rechnen (etwas, das er sorgsamer innerhalb seines Hauses machen sollte): Für die drei Wähler, die die FDP mit der Durchsetzung der doppelten Staatsangehörigkeit gewinnen würde, verlöre die Koalition zehn Wählerstimmen auf dem rechten Flügel. Waigel brachte die Angelegenheit somit bravourös auf den Punkt. Ausländer in Deutschland sind immer wieder ein willkommenes Wahlkampfthema und der Wahlkampf findet wie des Öfteren auf dem Rücken der Integrationspolitik statt.
Die Meinung der über sieben Millionen Ausländer in Deutschland hierzu ist für die Koalition auch nicht weiter von Belang, wieso auch, sie haben ja keine Wählerstimme.
Ernstzunehmende Integrationspolitik setzt sich aus vielen Facetten zusammen. Die Gewährung der doppelten Staatsbürgerschaft und ein kommunales Wahlrecht für Ausländer sind nur zwei, wenn auch sehr wichtige Bereiche. Das kommunale Wahlrecht für EG-Bürger steht sozusagen ,,ante portas".
Wie wird es die Bundesregierung mit einer Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Ausländern halten? Jeweils 130.000 Spanier und Portugiesen werden dieses Wahlrecht genießen, zwei Millionen Türken nicht.
Der Bundeskanzler zieht es vor, von drei) Millionen hier lebender Türken zu sprechen und beschwört im Falle einer Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts die Invasion ausländischer Mongolenstämme herauf. Wahlkampf, wie gesagt. Er verkennt hierbei - bewusst wahrscheinlich - dass es um die Integration der hier lebenden Ausländer geht und nicht um das ,,Hereinholen von weiteren Millionen ins ewig ,,volle Boot". Es genügt nicht, bei von Politikern meist unbeliebten Anlässen, wie dem ,,Tag des ausländischen Mitbürgers" oder der Gedenkveranstaltung für die Opfer eines abgebrannten Asylbewerberheims von ,,unseren lieben ausländischen Mitbürgern" sprechen.
Diese unselige Floskel gehört als Unwort sofort verboten. Was heißt hier "unsere"? Ausländer ohne Wahlrecht sind keine Bürger. Und als ,,lieben aus ländischen Mitbewohner" bezeichne ich nur mein Haustier.
Eine erbärmliche Politik, die nicht fähig ist, schlüssige Konzepte zur Integration von neun Prozent der Bevölkerung zu entwickeln.
die Redaktion
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