Lateinamerikanische Filme haben hierzulande einen schweren Stand. Auf den meisten großen Festivals tauchen sie kaum auf, werden von der internationalen Konkurrenz weit zurückgelassen. Auf dem Weltmarkt der Verleiher sieht es ähnlich schlecht bestellt aus. Hier ragt der schweizer Filmverleih trigonfilm heraus, der sich ganz den Filmen aus Lateinamerika, Asien und Afrika verschrieben hat. Die neuesten Produktionen aus Lateinamerika sieht man also meistens auf besonderen Lateinamerika-Filmreihen, wie zB. dem Cine Latino Festival für lateinamerikanischen Film in Tübingen, den Lateinamerika Filmagen des 3001 Kino in Hamburg oder dem Internationalen Film Festival Innsbruck. Ein Glücksfall ist es, wenn ein Film wie La vida es silbar des kubanischen Filmemachers Fernando Pérez es schelli, in die Kinos zu kommen und auch noch gute Zahlen einzuspielen. Eine Seltenheit. Dabei kommen die Filme beim deutschen Publikum meist sehr gut an.
Filme spiegeln schließlich gesellschaftliche Prozesse wider und gerade in Lateinamerika wird dies im Filmschaffen besonders deutlich. Seit der Epoche der gesellschaftskritischen Filme des sogenannten "Neuen Lateinamerikanischen Kinos" der 60er Jahre hat sich zwar einiges verändert, eine neue Generation von jungen Filmschaffenden dreht unpathetische, experimentelle Filme mit professionellem Anspruch und die Zeit des Filmemachers "mit der Idee im Kopf und der Kamera in der Hand", wie es Glauber Rocha einst formulierte, gehört der Vergangenheit an. Dennoch haben Themen wie die kulturelle und persönliche Identitätssuche und die Tabuisierung der Gräuel der Zeit der Diktaturen nichts an ihrer Aktualität verloren. Diesem Thema widmet sich auch der Einleitungsartikel von Bettina Bremme, der zugleich einen Bogen um den ganzen Kontinent spannt, da aus Platzgründen nicht jedes Land mit einem eigenen Artikel bedacht werden konnte.
Natürlich kann ein Lateinamerika-Filmspecial nur Ausschnitte und Tendenzen aufzeigen. Das Hauptaugenmerk wird daher auf die Länder mit der größten Filmproduktion gelegt, Länder wie Brasilien, Mexiko und Cuba sind daher mit je einem Überblicksartikel zur nationalen Filmgeschichte von den 60er Jahren bis heute vertreten, Argentinien ist sehr stark im Einleitungsartikel bedacht worden. Neben einem Porträt zu einem der ältesten und wichtigsten Regisseure Lateinamerikas, Nelson Pereira dos Santos, gibt Ute Mader einen Bericht über aktuelle Produktionen, die auf den Filmfestivals in Innsbruck, Tübingen und Rotterdam vorgestellt wurden, sowie ein Interview mit der Regisseurin Tata Amaral.
In der Hoffnung, dass sich künftig mehr Verleiher des lateinamerikanischen Films annehmen, wünschen wir viel Spaß beim Lesen und später dann im Kino.
die Redaktion
Politik und Wirtschaft
Grund zum Feiern. Brasilien am 500. Jahrestag
Philipp Hartmann
Fairness und Handel - Entwicklung durch Fair-Trade Politik und Wirtschaft
Kathy Ziegler
Nazis in Cuba
Juan Chongo Leiva
Medien und Demokratie - Massenmedien in Lateinamerika
Sandra Ellegiers
Vamos á luta! Capoeira - Afro Brasilianischer Kampftanz
Ivan Jung
O 2° Visconde de Santarém - um português singular
Daniel Estudante Protásio
Länderberichte: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Dominikanische Republik, El Salvador, Haiti, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Peru, Spanien, Zentralamerika
Schwerpunkt: Lateinamerika
Neue Tendenzen im lateinamerikanischen Kino
Bettina Bremme
Von der Revolution zur Weltoffenheit - Kurze Geschichte des Neuen Kubanischen Kinos
Helmut Groschup
Notizen zum mexikanischen Film der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Verena Theis
Filmpolitik, Filmfinanzierung und Filmproduktion in Brasilien
Thomas Kirsch
Nelson Pereira dos Santos. Ein moderner Klassiker des brasilianischen Films
Ingrid Schwamborn
Die Stille des Ozeans Notizen zu den Filmfestivals von Innsbruck, Rotterdam und Tübingen
Ute Mader
Bücher zum lateinamerikanischen Film
Kultur
Albert Boadella: Porträt eines Theatermachers
Silke Steimer
"Daaali": Der Blick des ewigen Kindes
Silke Steimer
Perdidamente Florbela Espanca
Alex Martins
Hieroglyphen des Ich. Tàpies-Retrospektive in München
Inaki Sonntag
Strukturen und Details. Fotografien von Madeline Humm de Mollet
Hans Haufe
Der große Chingón. Buñuel in Mexiko
Mathias Mertens
Omara. Des Buena Vista Social Club neuester Streich
Alex Martins, Britta Schröder
Das Gute ist niemals alt. La Vieja Trova Santiaguera auf Deutschlandtournee
Torsten Eßer
Viel Herzblut, kein Vinyl. Interview mit argentinischen DJ's.
Britta Margraf
Bücher