Lateinamerikanischer Film

Ausgabe 97: Amazonas
Ausgabe 97: Amazonas

Editorial

Lateinamerikanische Filme haben hierzulande einen schweren Stand. Auf den meisten großen Festivals tauchen sie kaum auf, werden von der internationalen Konkurrenz weit zurückgelassen. Auf dem Weltmarkt der Verleiher sieht es ähnlich schlecht bestellt aus. Hier ragt der schweizer Filmverleih trigonfilm heraus, der sich ganz den Filmen aus Lateinamerika, Asien und Afrika verschrieben hat. Die neuesten Produktionen aus Lateinamerika sieht man also meistens auf besonderen Lateinamerika-Filmreihen, wie zB. dem Cine Latino Festival für lateinamerikanischen Film in Tübingen, den Lateinamerika Filmagen des 3001 Kino in Hamburg oder dem Internationalen Film Festival Innsbruck. Ein Glücksfall ist es, wenn ein Film wie La vida es silbar des kubanischen Filmemachers Fernando Pérez es schelli, in die Kinos zu kommen und auch noch gute Zahlen einzuspielen. Eine Seltenheit. Dabei kommen die Filme beim deutschen Publikum meist sehr gut an.

 

Filme spiegeln schließlich gesellschaftliche Prozesse wider und gerade in Lateinamerika wird dies im Filmschaffen besonders deutlich. Seit der Epoche der gesellschaftskritischen Filme des sogenannten "Neuen Lateinamerikanischen Kinos" der 60er Jahre hat sich zwar einiges verändert, eine neue Generation von jungen Filmschaffenden dreht unpathetische, experimentelle Filme mit professionellem Anspruch und die Zeit des Filmemachers "mit der Idee im Kopf und der Kamera in der Hand", wie es Glauber Rocha einst formulierte, gehört der Vergangenheit an. Dennoch haben Themen wie die kulturelle und persönliche Identitätssuche und die Tabuisierung der Gräuel der Zeit der Diktaturen nichts an ihrer Aktualität verloren. Diesem Thema widmet sich auch der Einleitungsartikel von Bettina Bremme, der zugleich einen Bogen um den ganzen Kontinent spannt, da aus Platzgründen nicht jedes Land mit einem eigenen Artikel bedacht werden konnte.

 

Natürlich kann ein Lateinamerika-Filmspecial nur Ausschnitte und Tendenzen aufzeigen. Das Hauptaugenmerk wird daher auf die Länder mit der größten Filmproduktion gelegt, Länder wie Brasilien, Mexiko und Cuba sind daher mit je einem Überblicksartikel zur nationalen Filmgeschichte von den 60er Jahren bis heute vertreten, Argentinien ist sehr stark im Einleitungsartikel bedacht worden. Neben einem Porträt zu einem der ältesten und wichtigsten Regisseure Lateinamerikas, Nelson Pereira dos Santos, gibt Ute Mader einen Bericht über aktuelle Produktionen, die auf den Filmfestivals in Innsbruck, Tübingen und Rotterdam vorgestellt wurden, sowie ein Interview mit der Regisseurin Tata Amaral.

 

In der Hoffnung, dass sich künftig mehr Verleiher des lateinamerikanischen Films annehmen, wünschen wir viel Spaß beim Lesen und später dann im Kino.

 

die Redaktion

Inhaltsverzeichnis

Politik und Wirtschaft

 

Grund zum Feiern. Brasilien am 500. Jahrestag

Philipp Hartmann

 

Fairness und Handel - Entwicklung durch Fair-Trade Politik und Wirtschaft

Kathy Ziegler

 

Nazis in Cuba

Juan Chongo Leiva

 

Medien und Demokratie - Massenmedien in Lateinamerika

Sandra Ellegiers

 

Vamos á luta! Capoeira - Afro Brasilianischer Kampftanz

Ivan Jung

 

O 2° Visconde de Santarém - um português singular

Daniel Estudante Protásio

 

Länderberichte: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Dominikanische Republik, El Salvador, Haiti, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Peru, Spanien, Zentralamerika

 

 

Schwerpunkt: Lateinamerika

 

Neue Tendenzen im lateinamerikanischen Kino

Bettina Bremme

 

Von der Revolution zur Weltoffenheit - Kurze Geschichte des Neuen Kubanischen Kinos

Helmut Groschup

 

Notizen zum mexikanischen Film der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Verena Theis

 

Filmpolitik, Filmfinanzierung und Filmproduktion in Brasilien

Thomas Kirsch

 

Nelson Pereira dos Santos. Ein moderner Klassiker des brasilianischen Films

Ingrid Schwamborn

 

Die Stille des Ozeans Notizen zu den Filmfestivals von Innsbruck, Rotterdam und Tübingen

Ute Mader

 

Bücher zum lateinamerikanischen Film

 

Kultur

 

Albert Boadella: Porträt eines Theatermachers

Silke Steimer

 

"Daaali": Der Blick des ewigen Kindes

Silke Steimer

 

Perdidamente Florbela Espanca

Alex Martins

 

Hieroglyphen des Ich. Tàpies-Retrospektive in München

Inaki Sonntag

 

Strukturen und Details. Fotografien von Madeline Humm de Mollet

Hans Haufe

 

Der große Chingón. Buñuel in Mexiko

Mathias Mertens

 

Omara. Des Buena Vista Social Club neuester Streich

Alex Martins, Britta Schröder

 

Das Gute ist niemals alt. La Vieja Trova Santiaguera auf Deutschlandtournee

Torsten Eßer

 

Viel Herzblut, kein Vinyl. Interview mit argentinischen DJ's.

Britta Margraf

 

 

Bücher

 

  • Al Berto: Mondwechsel
  • Reinhard Jirgl: Die atlantische Mauer
  • Carmen Boullosa: Treinta años
  • Juan Luis Alborg: História de la Literatura Española
  • Vizconde de Lascano Tegui: Familienalbum mit Bildnissen von Unbekannten
  • Alejandra Matus: El libro negro de la justicia chilena
  • Gisela Rosenthal: Vieira da Silva
  • J.M.Eça de Queirós: O Crime do Padre Amaro / Paula Rego: O Crime do Padre Amaro /
  • Ruth Rosengarten: Paula Rego e O Crime do Padre Amaro
  • Alexandro Jodorowsky/Frédéric Beltran: Megaplex
  • Oceanos 39: O achamento do Brasil/ Oceanos 40: A formaçao territorial do Brasil
  • die horen: Portugiesische Literatur 25 Jahre nach der Nelkenrevolution