Zwischen Zensur und Kommerz

Zur Biographie des Postfranquistische Fesseln des spanischen Fernsehen Fernsehens

von Gunda Wienke

Als Spanien sich als Kriegspartei in den jüngsten weltpolitischen Konflikt im Irak stürzte, erwies sich von Neuem, wie unabhängig die Medien Spaniens wirklich sind. Dass sie im Dienst der Terrorbekämpfung gegen die ETA instrumentalisiert werden, ist ein Indiz für die schwindende Unabhängigkeit. Nun zeigten die Kriegsberichterstattung und die Berichte über die Stimmung im eigenen Volk, dass die Regierung ihren Einfluss geltend macht. Und damit nicht genug hält die Werbeindustrie das Fernsehen fest im Griff und setzt seine Intressen an Informationsverbreitung und Unterhaltung durch.

 

Während der Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Irak demonstrierten weltweit Menschen gegen den Krieg und bekundeten ihren Friedenswillen. Ein Großteil der spanischen Bevölkerung lehnte den Krieg ab, während der spanische Ministerpräsident José Maria Aznar sich an die Seite der USA und Großbritanniens stellte. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Spanien zeigte von den Demonstrationen wenig und ließ deren Organisatoren und Befürworter kaum zu Wort kommen. Längere Nachrichtenzeit widmete Antena 3 (einer der drei landsweiten öffentlich-rechtlichen Sender neben TVE-1 und TVE -2) der Randale am 22. März 2003 von einer Hand voll Demonstranten in Barcelona.

 

Dieselbe Szene wurde an den darauf folgenden Tagen mehrmals wiederholt und kommentiert, ohne dabei auf die dargestellte Szene kritisch einzugehen. Viele der Demonstranten riefen „Televisión – Manipulación“, wenn sie an den Fernsehkameras vorbeikamen und zeigten damit, dass sie sich der Manipulation und der wachsenden Zensur des Fernsehens bewusst sind. Der autoritäre, staatsgelenkte Propagandajournalismus ist ein Erbe aus der Zeit General Francos. Nach dem Tod des Diktators wurde das Fernsehen unter die Aufsicht des Parlaments gestellt. In Artikel 20.3 der Verfassung, heißt es: „La ley regulará la organización y el control parlamentario de los medios de communicación social dependiente del Estado o de cualquier ente público y garantizará el acceso a dichos medios de los grupos sociales y politícos significativos, respetando el pluralismo de la sociedad y las diversas lenguas en Espana“. Der Text ist missverständlich verfasst und führt bis heute zu polemischen Auseinandersetzungen darüber, ob der Staat das öffentlich-rechtliche Fernsehen als gesamtgesellschaftliche Einrichtung unterhalten oder die Verfassung lediglich den wichtigen und bedeutenden sozialen Gruppen und Politikern den Zugang zu den Medien gewähren soll. In den vergangen 25 Jahren hat sich der Staat seiner finanziellen Verpflichtung gegenüber den Medien mehr und mehr entzogen. Für 2003 ist geplant, die Belegschaft des spanischen Fernsehsenders TVE weiter abzubauen, wohingegen die Fernsehpräsenz der Regierung diametral zugenommen hat. Die staatliche Nachrichtenagentur EFE S.A. muss sogar 20 Prozent seiner Mitarbeiter entlassen. Im Vorfeld des Krieges wurde bereits intensiv Kriegspropaganda betrieben. Sondersendungen über „Bioterror“, „Anthrax“ und „Los amigos de Sadam“ stimmten ein auf den „Guerra a Sadam.“ Zensiert wurde dagegen die Übertragung des „Goya Filmpreises“; die Antikriegsproteste der Filmschaffenden wurden in den Nachrichten schlicht nicht erwähnt. In den Nachrichten kommen oppositionelle Politiker selten zu Wort, und wenn es sich nicht umgehen lässt, wird deren Kritik von den Wortsalven der Regierungsmitglieder drei- und vierfach beschossen, um sie nichtig zu machen. Ähnlich einseitig wurde seitens der Regierung beim Prestige - Unglück verfahren; das galizische Fernsehen zeigte sogar Bilder von weißen Stränden, dort, wo schon lange keine mehr waren.

 

Zweifelhafter Anspruch der Informationsverbreitung

 

Die umfangreiche Privatisierung und Kommerzialisierung des spanischen Fernsehens macht die Grenzen zwischen Nachrichten, Unterhaltung und Werbung unscharf. In den Hauptnachrichten wird über sogenannte soft news wie die spanische Haute Cuisine und die schlechte Qualität des männlichen Samens in Spanien unterrichtet. Hard news, die sich kritisch mit politischem Tagesgeschehen auseinandersetzen, kulturelle Ereignisse verbreiten und über gesellschaftliche Entwicklungen informieren, sind rar. Ein Medienereignis war natürlich der Tod des Kameramanns des Fernsehsenders Telecinco, José Cuoso; übrigens ein Sender der Berlusconi-Mediengruppe. Ein ums andere Mal wurden die Bilder des getöteten Mannes gezeigt, der in seinem Blut lag. Der Schwerpunkt der Berichterstattung war aber nicht der Beschuss des Journalisten-Hotels Palestine in Bagdad durch US – amerikanische Einheiten, also der Angriff auf ein ziviles Gebäude. Nein, in den spanischen Medien wurde mit Stolz darauf verwiesen, dass ein Spanier im Kampf für Demokratie und Menschenrechte sein Leben opferte. Das Elend der irakischen Bevölkerung, Hintergründe oder kritische Kommentare zur Manipulation der Berichterstattung durch die Kriegsgegner wurden ausgeklammert. Es dominierten werbeästhetische Bilder mit Panzern im Sonnenuntergang, die in Antena 3 unter dem Stichwort „Imágenes de la Guerra“ präsentiert wurden. Auch der Sport ist eine wichtige Sache im spanischen Fernsehen, wobei gerade hier die Grenzen noch mehr verschwimmen. Selbst an Tagen ohne Ligaspiel wird ausgiebig über das Training und die Spieler berichtet. So kann schon mal das Übergewicht des Real Madrid - Stürmers Ronaldo der Aufmacher der Nachrichtensendung sein.

 

Lokales Fernsehen

 

Jede autonome Provinz hat einen oder mehrere eigene Sender, in Andalu-sien ist es Canal Sur und Canal 2 Andalucía. Canal Sur bietet die Dauerbeschallung: „Andalucía lo mejor“ und macht eigentlich nur Werbung für sich und das Land. Die Sendung „Contigo“ übertrifft in puncto Folklore und Peinlichkeit bei weitem das, was deutsche Fernsehzuschauer mit dem „Komödienstadl“ erdulden müssen, wohingegen Canal 2 Andalucía bis 18 Uhr den Tourismus bewirbt und abends Spielfilme zeigt. In der andalusischen Hauptstadt Sevilla kommen mehre lokale Sender hinzu. Sevilla TV scheint von Unternehmern für Unternehmer gemacht. Das Programmschema reicht von der aktuellen Berichterstattung tagsüber über die Semana Santa bis hin zu Erotiksendungen nach 23 Uhr. Daneben senden noch vier Tarot– und zwei Pfannenverkaufssender. Deren Nachtschiene gleitet ebenfalls über schlüpfrige Erotiksendungen in den Sendeschluss.