Interview mit der argentinischen Produzentin Lita Stantic.

von Robert Zängerle

Ute Mader sprach in Locarno für Matices mit Lita Stantic, der Produzentin u.a. von Pablo Traperos Mundo Grúa, von Lucrecia Martels La Ciénaga, der gerade in deutschen Kinos anläuft und von Adrián Caetanos El Oso rojo, der dieses Jahr in Cannes mit großem Erfolg gezeigt wurde.

Seit wann sind Sie in der Filmbranche tätig?

 

Seit 1968 begleite ich Filmproduktionen, zu Beginn arbeitete ich mit Alejandro Doria und mit Maria Luisa Bemberg. Mein erster eigener Langfilm war im Jahre 1993 Un Muro de Silencio.

 

Wie können Sie sich finanzieren und alle diese Produktionen auf den Weg bringen?

 

Seit dem Jahre 1994 wurde das Ley de Cine in Argentinien reformiert und die Unterstützung für die Filmemacher ist besser geworden. In dem Zuge sind eben viele Filme entstanden. Darséna Sur (1997) von Pablo Reyero war mein erster Dokumentarfilm, den ich produzierte. In dieser Geschichte geht es um drei Hafenarbeiter in Buenos Aires, die an einem der verseuchtesten Plätze der Welt arbeiten. Meine erste Spielfilmproduktion war diejenige, die in aller Welt viel Aufmerksamkeit fand: Pizza, Birra y Faso. Es folgte dann Mundo Grúa, Bolivia u.v.a.m. Es gibt in Argentinien viele junge Leute, die wichtig für das neue Kino sind. Ihre weitreichende Kreativität hat ihnen viele Auszeichnungen und Preise eingebracht. Und so haben sie auch Möglichkeiten bekommen, im Ausland zu arbeiten, wie Diego Lerman nun ein Stipendium für Paris in der Fondation de Cinéma erhalten hat. Lucrecia Martel bekam diese Förderung im vorigen Jahr. Argentinien, das Land in der Krise, verfügt über eine große Kapazität an Kreativität; und das vor allem seit der Krise von 1998. Diese jungen Leute wissen, dass kein Beruf sicher sein wird.

 

Viele von ihnen sind im Kunstbereich engagiert: im Kino, in der Musik oder als Schriftsteller. Das Kino, das sie machen ist kein realistisches, wie oft behauptet wird, sondern ihm wohnt jede Menge Ironie inne, die ohne starke Umgebung oder Settings auskommt. Es wird keine Botschaft transportiert, doch die Stärke dieses Kinos liegt in der Kraft und Stärke der sozialen Umgebung. Denn in Argentinien leben heute viele Menschen vom Tausch, von Privatinitiativen oder Kooperativen, sog. Casoleros, einer Art Selbstorganisation.

 

Wie läuft im Moment konkret eine Filmproduktion in Argentinien ab?

 

Lisandro Alonso begann zum Beispiel, auf 16mm Material zu drehen. Zuvor wurden die Leute, die wir brauchten, zusammengerufen, die Arbeit wurde aufgenommen und gezahlt wird am Ende, falls dann Geld da ist. Die Regisseure beginnen meist zuerst mit ihrer Arbeit, und ich unterstütze sie dann bei der Postproduktion, dem teuersten Part der ganzen Produktion. Wenn wir Glück haben, bekommen wir dafür 50 Prozent vom Instituto de Cine. So kommt es dann auch, dass ein Film den anderen mitfinanziert. Momentan ist tragisch, dass aufgrund der Krise die Eintrittsgelder gesunken sind. Sie kosten nur noch die Hälfte und so wird kaum Geld verdient, obwohl die Menschen ins Kino gehen. Bolivia hatte in Argentinien 60.000 Zuschauer, Herencia von Paulo Hernández 100.000, La Ciénaga 130.000 und Mundo Grúa 80.000 Zuschauer.

 

Ich liebe meine Arbeit und möchte sie auch gerne weiterhin machen. Die finanzielle Unterstützung, die das Ley de Cine vorsieht, steht immer im Zusammenhang mit dem Publikum. Für uns ist durchaus wichtig, die Unterstützung vom Hubert Bals Fund und vergleichbaren Organisationen zu erhalten, denn diese Gelder werden für die teure Postproduktion benötigt.

 

Wie arbeiten denn renommierte Regisseure wie z.B. Fernando Solanas?

 

Sie verfügen in der Regel über Geld aus dem Ausland und arbeiten mit Sonofilm und Aries, die die großen kommerziellen Filme auf den Weg bringen. Und meine Generation, die in der Mitte liegt, arbeitet mit Geld vom Fernsehen wie dem spanischen. Das bedeutet natürlich, dass die Art der Produktion sich im Laufe der Jahre gewandelt hat. Die jungen Leute kamen zu mir mit den Videos, die sie gedreht hatten. Ich sah gute Ansätze darin, denn mich interessiert mehr die Qualität als der Erfolg. Mein Verdienst mag dann eher sein, daraus Erfolge zu machen. Natürlich ist mir auch bewusst, dass Buenos Aires als Kinostandort kein einfaches Terrain ist, um Filme zu platzieren. Wir müssen uns immer genau überlegen, wie und wann wir einen Film starten. Tan de repente soll im April starten, wenn alles gut geht, was man ja nie bei der schwierigen Krisensituation des Landes weiß...

 

Die Autorin ist Leiterin des Kommunalen Kinos in Leverkusen und Vorsitzende des Bundesverbandes Kommunale Filmarbeit.