Spanien: Ein Menü aus Katalonien

zubereitet und verzehrt von Mandana Mesgarzadeh und Gunnar Nilsson

Manch ein kulinarisch interessierter Reisender begegnet der spanischen Küche mit Skepsis, besonders wenn ihn der Weg vorher durch Frankreich geführt hat, das ja mit einiger Berechtigung für seine feine Kochtradition berühmt ist. Dies mag auch dann noch der Fall sein, wenn ihn sein spanischer Begleiter darauf hinweist, auf welch unterschiedliche Weise die beiden Nationen ihre Weltsicht mit den Begehrlichkeiten des Magens in Einklang bringen. Wenn der Franzose den Raffinessen der Saucenzubereitung höchste Anerkennung zukommen läßt und für die edlen Genüsse so manch kulinarische Geheimniskrämerei zu erdulden bereit ist, so möchte der Spanier „genau erkennen können, was er auf dem Teller hat“. Wie sich hier zeigt, hat die spanische Küche selbst bei Spaniern oft den Ruf, einfach sowie deftig und fleischlastig zu sein. An der Realität geht diese Bescheidenheit jedoch vorbei. Die spanische Küche ist regional so variantenreich und vielfältig, daß jedes übergreifendes Urteil absurd erscheint. Sicherlich ist es wahr, daß Zutaten wie Eier, Olivenöl, Knoblauch, Schweinefleisch und Kichererbsen zum unumstößlichen Kanon der spanischen Grundnahrungsmittel gehören. Genauso wahr ist es jedoch, daß es darüber hinaus eine Vielzahl von Obst-, Fisch- und Gemüsespezialitäten gibt, die nicht nur jeweils eine sehr ‘lokale’ Geschmacksnote haben, sondern auch verschiedenartig und mit regionaler Finesse zubereitet werden. Zudem scheint sich das Bewusstsein über die kulinarischen Eigenarten jeder Gegend noch nicht so stark zurückentwickelt zu haben, wie es in Deutschland manchmal den Anschein hat. So kann man beispielsweise mit einem Madrileño und einem Kanaren in ein stundenlanges Gespräch darüber verfallen, ob die Kartoffeln für die Eiertortilla besser in Würfel oder in Scheiben zu schneiden sind.

 

Die Vorspeise: Xató

 

Das Gesagte gilt auch für unsere Vorspeise: der Xató (sprich: Tscható). Er ist die Salatspezialität sine qua non des Baix Penedés, jener Weingegend südwestlich von Barcelona, die durch ihren nach der ‘méthode champenoise’ hergestellten Cava (Sekt der Marken Freixenet, Cordoníu u.a.) berühmt geworden ist. Im Dreieck zwischen Vilafranca del Penedés, Sitges und Vilanova i la Geltrú liefert man sich zu Beginn eines jeden Jahres volksfestähnliche Wettkämpfe um die ausgefeilteste Zubereitung. Jeder Ort hat seine Spezialrezeptur und verteidigt sie (nicht ganz ohne Humor) gegen seine Nachbarn. Dennoch läßt sich die verschworene Fan-Gemeinde insgesamt nicht davon abbringen, der in Barcelona schon kaum mehr bekannten Spezialität ihren alljährlichen ‘Día Internacional del Xató’ abzuhalten. Verdient hat das Gericht diese Ehre durchaus. Vereint es doch auf harmonische Weise Zutaten des Meeres (Sardellen, Thun- und Stockfisch) mit denen des Landes (Escarola-Salat, Oliven), zusammengeführt von einer köstlich-nahrhaften Sauce aus Mandeln, Knoblauch und Olivenöl.

 

Und so wird’s gemacht: Den Stockfisch in Streifen und ohne Haut und Gräten etwa zwei Tage lang in Wasser einlegen. Er muß am Tag der Zubereitung noch leicht salzig sein. Die Mandeln in einer Mühle oder einem Mörser so klein wie möglich mahlen. Den gepreßten Knoblauch und eine kleingehackte Sardelle in einer Schüssel mit den Mandeln mischen. Unter Rühren und Stampfen Olivenöl zugeben, bis die Sauce dickflüssig wird. Das geriebene halbe Brötchen zugeben und die Konsistenz mit weiterem Olivenöl halten. Mit Salz, Chili, Essig und Rosenpaprika (bzw. Ñoras) pikant abschmecken. Den Endivien-Salat waschen, schleudern, in mundgerechte Stücke schneiden und auf zwei Tellern auftürmen. Die Stockfisch-Streifen und Sardellenfilets sternförmig auf dem Salat ausbreiten. Den Thunfisch dazwischen verteilen (roh marinierter Thunfisch wäre perfekt, ersatzweise nimmt man ihn aus der Dose) und auf die Mitte die Sauce gießen.

 

Die Hauptspeise: Rape con Acelgas

 

Rape con Acelgas (Seeteufel mit Mangold) ist eine Spezialität, die einem Koch aus Sitges ‘abgeguckt’ ist. Auch die dafür notwendigen Zutaten stammen alle aus der Gegend. Mangold wird auf dem schmalen Streifen der katalanischen Mittelmeerküste angebaut, die Würze besteht hauptsächlich aus der katalanischen ‘Nationalsauce’ Alioli und der hierzulande meist nur in gut sortierten Fischgeschäften zu erhaltende Edelfisch Rape gehört zum selbstverständlichen Angebot jedweden spanischen Marktstandes.

 

Zunächst werden die einzelnen Mangoldblätter von ihren weißen Strünken befreit und gleichmäßig auf den Boden einer mit Olivenöl eingeriebenen feuerfesten und flachbödigen Auflaufform verteilt. Der Mangold sollte flach liegen, damit er beim Backen nicht aus der Soße ragt und austrocknet. Die portionsgerechten Seeteufelstücke auf den Mangold legen und den Backofen auf 175oC vorheizen. Zwei Knoblauchzehen möglichst fein pressen und mit Olivenöl und Salz in einem Mörser zu einer Alioli verarbeiten. Dazu wird das Öl tröpfchenweise und unter starkem Stampfen und Rühren mit dem Mörser zum Knoblauch gegeben, bis eine sämige weißliche Creme entsteht. Mit Salz und Zitronensaft abschmecken. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Alioli noch durch Eischnee verlängert wird. Das Eigelb von einem Ei trennen. Das Eiweiß mit einem Rührer zu Eischnee schlagen. Die Alioli vorsichtig und gleichmäßig unter den Eischnee heben und die Masse dick auf die Fischstücke auftragen. Die Masse soll beim Backen einerseits ein wenig in die Soße am Boden laufen, andererseits eine leichte Kruste bilden. Dazu läßt man die Form bei 175oC so lange im Ofen, bis der Fisch gar ist und die Kruste leicht anbräunt (15-20 Min. - zulange Backen macht das Fleisch trocken!).

 

Die Fleischstücke auf dem Mangold servieren. Dazu paßt ein trockener Weißwein. Stilecht wäre natürlich ein Penedés (z.B. Viñasol, René Babier o.ä.). Wer eine Beilage möchte, kann auch festkochende Salzkartoffeln dazu servieren.

 

Die Nachspeise: Crema catalana

 

Die Crema ist die kleine Schwester des gesamtspanischen Flan. Im Gegensatz zu diesem wird der katalanische Pudding nicht im Ofen gestockt sondern gekocht und hat anstatt des Vanille-Aromas eine leicht zitronig-zimtige Note. Eigelb, Zucker und Stärkemehl mit kalter Milch in einer großen Schüssel mixen. Die Milch mit der Zimtstange und der Zitronenschale in einem Topf aufkochen. Die heiße Milch ohne Zimtstange langsam in die kalte Masse einrühren. Die Mischung wieder in den Topf geben und unter ständigem Rühren erhitzen. Sobald sie eingedickt ist, kann sie in flachen Schälchen beiseite und nach dem Abkühlen in den Kühlschrank gestellt werden. Auf die Crema Catalana gehört eigentlich eine knusprige Karamelsoße. Dazu wird vor dem Servieren (ein spanischer Espresso [Café Sólo] tut sich dabei sehr gut) der Pudding mit Zucker bestreut und mit einem Brennstab karamelisiert. Falls kein Brennstab zur Hand ist, reicht auch eine selbstgemachte Karamelsauce. ¡Que aproveche! 

 

Zutaten der Vorspeise

  • Ein Endivien-Salatkopf (Escarola)
  • Ca. 9 Sardellenfilets (Anchoas)
  • Ca. 8 fingerbreite Streifen Stockfisch (ohne Haut und Gräten) (Bacalao)
  • 12 schwarze Oliven (Aceitunas)
  • 150g marinierter Thunfisch (Atún)
  • 100g ungehäutete Mandeln (Almendras)
  • 2 Knoblauchzehen (Ajo)
  • Ein halbes getrocknetes Brötchen
  • Olivenöl (Aceite de oliva)
  • 2 gemahlene Ñoras (Ersatzprodukt: Rosenpaprika) 
  • Chili-Pfeffer (Chile)
  • Salz (Sal)

 

Zutaten für die Hauptspeise (2 Personen)

  • Ein Kopf Mangold (Acelgas)
  • 400g gehäutete Seeteufelschwänze (Rape)
  • Das Eiweiß eines Eis (Clara del huevo)
  • 3-4 Eßlöffel Olivenöl (Aceite)
  • 2 Knoblauchzehen (Ajo)
  • Eine halbe Zitrone (Limón)
  • Salz (Sal)
  • Pfeffer (Pimienta)
  • Flache, feuerfeste Form, Mörser, Schneebesen

 

Zutaten für die Nachspeise

  • 1/2 Liter Milch (Leche)
  • 1/2 Zimtstange (Canela)
  • Abgeriebene Schale einer halben unbehandelten Zitrone (Limón)
  • Zwei Eigelb (Yemas de huevo)
  • 75g Zucker (Azúcar)
  • 25g Stärkemehl (Almidón)

1 1/2 Eßlöffel kalte Milch (Leche fría)

5 Eßlöffel Zucker für die Karamelsauce (Azúcar