Macau

Die 'Deadline' rückt näher!

von Christine Mialkas

442 Jahre wurde Macau von den Portugiesen verwaltet. In der Nacht zum 20. Dezember diesen Jahres geht die portugiesische Kolonialherrschaft zu Ende und die Enklave wird wieder an die Volksrepublik China zurückfallen.

 

Macau, die 17,5 qm2 große Halbinsel in Fernost, wurde erstmals im frühen 16. Jahrhundert von portugiesischen Seefahrern besucht, die dort 1557 einen Handelsposten gründeten, die erste europäische Niederlassung auf ostasiatischem Boden. Durch die rasche Entwicklung Hong-Kongs als Handelsplatz verlor Macau für die Chinesen weitgehend an Bedeutung. Bis 1849 zahlten die Portugiesen eine Pacht an China und erreichten 1887 die ständige Abtretung des Gebietes im Mündungsbereich des Perlflußes. Die Macau-Frage über den eigentlichen Besitzer des Territoriums führte immer wieder zu Spannungen zwischen China und Portugal und schließlich zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Erst in den siebziger Jahren kam es zu einer Annäherung beider Staaten. Portugal trat freiwillig seine Souveränitätsrechte an China ab und seit 1976 gilt die einstige portugiesische Überseeprovinz als ‚chinesisches Territorium unter portugiesischer Verwaltung‘. 1987 vereinbarten die chinesische und die portugiesische Regierung die endgültige Rückgabe der Übersee-Besitzung an das Reich der Mitte kurz vor der Jahrtausendwende.

 

Obwohl es nur noch knapp sechs Monate bis zur Übergabe sind, sind die Bedingungen, unter denen Macau in die chinesische Verwaltung übergehen wird, noch unklar. Das Gebiet soll den Status einer Sonderverwaltungsregion erhalten. Die chinesische Regierung garantiert eine 50jährige Nicht-Einmischung in das wirtschaftliche und soziale System der Halbinsel. So soll beispielsweise der seit 1992 geltende Handels- und Kooperationspakt zwischen Macau und der Europäischen Union auch nach dem Übergang fortbestehen.

 

Unklar ist allerdings noch, wie die staatsrechtlichen Regelungen für die Bewohner Macaus und der dort lebenden Flüchtlinge aussehen werden. Von den rund 450.000 Einwohnern Macaus besitzen ungefähr 100.000 einen portugiesischen Paß. Wer über diesen verfügt, kann ihn auch nach 1999 behalten. Die meisten Macaunesen allerdings wollen nicht nach Lissabon ziehen, sondern auf Macau bleiben. Unbestimmt ist auch, ob die Vertriebenen aus Ost-Timor, die in Macau Zuflucht gesucht haben und in den meisten Fällen ein Anrecht auf die portugiesische Staatsangehörigkeit haben, auch nach der Rückgabe an China auf der Halbinsel bleiben dürfen.

 

Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie stark sich die chinesische Regierung in die internen Angelegenheiten einmischen wird, insbesondere, wenn es um Menschenrechtsfragen geht. In Macau hat der ‚Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte‘ (IPBPR) seit dem Beitritt Portugals Gültigkeit. China hingegen hat dieses Übereinkommen nicht ratifiziert, womit strittig ist, inwieweit dieses nach der Übergabe noch Bestand hat. Damit bleibt auch offen, was mit den Chinesen geschieht, die in Macau vor den chinesischen Machthabern Asyl gesucht haben und nun nicht mehr den portugiesischen Schutz genießen. Ihre Zukunft ist ungewiß. Müssen sie mit schweren Strafen rechnen oder nach China zurückkehren ?

 

Beim Nachbarn, der ehemals britischen Kronkolonie Hong-Kong, die seit dem 01.07.1997 wieder zur Volksrepublik China gehört, zeigt sich, daß die Formel ‚ein Land, zwei Systeme‘ nicht ganz aufgeht. Bis jetzt sind zwar noch keine Fälle von Menschenrechtsverletzungen publik geworden, aber kurz nach dem Machtwechsel marschierten bewaffnete Truppen der Volksarmee in die Stadt ein, um die chinesische Präsenz zu demonstrieren. Und die Regierung in Peking versucht immer wieder ihren Einfluß geltend zu machen, wie zum Beispiel in der Frage der Festlandchinesen: Viele von ihnen sind schon Jahre von ihren Familien in Hong-Kong getrennt, aber nur wenigen wird die Einreise in die Stadt erlaubt.

 

Die ‚Deadline‘ rückt näher, die Zukunft Macaus hängt davon ab, inwieweit der Halbinsel wirklich die vereinbarte Autonomie gewährt werden wird.