Ein andalusisches Lesebuch

von Mandana Mesgarzadeh

por Joaquim Peito

Er antwortete:’Da hast du schon mehr verstanden als die meisten Ausländer, die ich kennengelernt habe.’[...]“ - Worte eines geheimnisvollen Spaniers, gerichtet an den Spanienkenner Felix Hofmann, Herausgeber der Anthologie Andalusische Ansichten. Ganz im Sinne des obigen Zitats möchte die ausdrücklich nicht repräsentative Textsammlung Ausgangspunkt und Anregung für den Leser sein, eigene Wege der Annäherung an Spanien und seinen Süden zu finden. Einzige Vorgabe bei der Auswahl der Texte war die Behandlung der Region Andalusien seit dem Ende des Bürgerkriegs. Die chronologisch aufeinanderfolgenden Beiträge von Gerald Brenan, Juan Goytisolo, Manuel Cortés & Ronald Fraser, Alfred Andersch, Maruja Torres Manzanera, José María Perceval, Antonio Muñoz Molina und Antonio Cascales zeichnen sich durchweg durch einen aufklärerischen Blickwinkel aus.

 

Das Lesebuch - „... nicht nur für Reisende“ wie der Untertitel sagt - steigt direkt in die Problematik ein, die sich ergibt, wenn ein Land auf der einen Seite gerne als nationalistisch, konservativ, klerikal, autoritär, auf der anderen Seite aber als kosmopolitisch, progressiv, antiklerikal und liberal angesehen wird. Das Vorhandensein dieser Gegensatzpaare findet sicherlich seine traurige Kulmination im Bürgerkrieg und in dessen unrühmlichem Ende. Doch widersprüchliches, gegensätzliches, scheinbar Unvereinbares wurde und wird auch im Demokratisierungsprozess Spaniens und schließlich im Mitgestalten Europas thematisiert. Auch in diesen Diskurs der Selbsterforschung bietet das Buch Andalusische Ansichten erhellende Einblicke. Eine einfache Einordnung von Land und Leuten wird man hier freilich zugunsten der Darstellung einer ‘wahrhaftigeren’ Komplexität nicht finden. „[...] Ich verstehe Spanien übrigens auch nicht. Aber das macht nichts. Ich leide kein bißchen darunter,“ gesteht denn auch bereits erwähnter Gesprächspartner Hofmanns ein.

 

Trotz der unmittelbaren Konfrontation des Lesers mit den ‘eingemachten’ Problemen Andalusiens eignet sich die Lektüre auch für Spanien-’Anfänger’. Jedem Beitrag ist eine kurze Einführung über Autor und Werk vorangestellt, welche den Leser orientiert. Wem dies nicht reicht, der sei auf das Nachwort von Felix Hofmann verwiesen. Dort findet eine ausführliche Einbettung der Texte in ihren entsprechenden geschichtlichen Kontext statt. Insgesamt ein sehr empfehlenswertes Buch - auch für Reisende, die nicht nur an der beeindruckenden andalusischen Kulisse interessiert sind.

 

Felix Hofmann (Hrsg.): Andalusische Ansichten. Lesebuch nicht nur für Reisende. Kassel, Verlag Jenior und Pressler, 1998. 237 Seiten. 34,00 DM.