Wind der Apokalypse

Ein Roman von Paulina Chiziane

von Ricarda Bruder

In Mosambik herrschte von 1977 bis Anfang der 90er Jahre ein brutaler und grausamer Bürgerkrieg, während dessen die Rebellenarmee RENA-MO einen wahnsinnigen Vernichtungskrieg vor allem gegen die unschuldige Zivilbevölkerung führte. Auf dem Hintergrund dieser Tatsachen basiert der zweite Roman Wind der Apokalypse von Paulina Chiziane. Wie auch für andere Schriftsteller, Musiker oder Maler ihres Landes ist der Krieg das dominierende Thema ihres schöpferischen Arbeitens. Bereits in ihrem ersten Roman Liebeslied an den Wind erzählte Paulina Chiziane vom Leiden der Menschen in ihrem Land. Dabei ist ihre Sichtweise immer bewußt feminin gehalten, denn es gibt ”gewisse Blickwinkel auf die Realität, die nur eine Frau haben kann, die auch Männer mit einer großen Sensibilität nicht einnehmen können. Es ist das Öffnen eines Vorhangs auf eine Welt, die für viele bisher verschlossen war, auf tiefe Erfahrungen, die anders sind.” Die Schicksale, die die Menschen in ihrem Roman erleiden, sind die eines armen, ausgehungerten und unschuldigen Volkes, das von unverständlichen und grausamsten Kriegswirren verfolgt wird. Dabei taucht immer wieder das tragische Element Tod in Bezug auf eine Mutter-Kind Beziehung auf. So bildhaft wie der Titel den Leser auf den Inhalt vorbereitet, so beschreibt die Autorin auch die Grauen und Schrecken, die sie in ihrer Erzählung folgen läßt.

 

In einem Dorf im südlichen Mosambik lebt Minosse, eine verhärmte, ältere aber auch stolze Frau. Sie ist die Gemahlin von Sianga, der seinem ehrenhaften Leben als Regulo, als traditioneller Chef, nachtrauert. Als junger Mann besaß er der Tradition gemäß viele Frauen und genoß hohes Ansehen bei allen Dorfbewohnern. Jetzt ist das Leben ärmlich geworden. Schon vor langer Zeit hat er Titel und Status an den weißen Dorfvorsteher verloren. Die Trockenheit im Land hat auch ihn nicht vor Armut und Hunger verschont. Von allen seinen Frauen ist nur Minosse bei ihm geblieben.

 

Die Revolution und die Unabhängigkeit Mosambiks von Portugal haben Sianga von seinem Thron gestoßen. Diese Entwürdigung hat er nie verschmerzen können. Als die Rebellen ihm dann eines Tages die Wiederherstellung der alten Verhältnisse und seiner Machtposition versprechen, rekrutiert er junge Männer, um sie dann in einer Verschwörung gegen ihr eigenes Dorf die Waffen erheben zu lassen. Die Überlebenden müssen fliehen und begeben sich auf einen langen Todesmarsch. Am Ende dieses Marsches treffen wir wieder auf Minosse, eine der wenigen Überlebenden der Flüchtlinge. Doch auch jenem weit abgelegenen Dorf, einem der letzten Zufluchtsorte, wo sie Schutz gefunden hat, scheint ein Angriff bevorzustehen.

 

Paulina Chiziane führt uns Bilder vom Tod vor Augen, wie sie ein Krieg mit sich bringt, ja, wie wir sie aus der Bilderflut der Nachrichten annäherungsweise kennen. Ihre Erzählweise ist dabei sehr behutsam, sensibel und phantasievoll. Sie erreicht somit, daß der Leser sich nicht von vornherein verschließt, und sich vor den Vorstellungen des geschilderten Grauens schützt. Was sie erzählt, basiert zum Teil auf ihren persönlichen Erlebnissen. Zwölf Jahre lang arbeitete sie für das Mosambikanische Rote Kreuz. Jetzt ist Schreiben für sie das wichtigste Mittel, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Von dieser persönlichen Anteilnahme bleibt auch der Leser nicht unberührt. Wind der Apokalypse ist ein Roman, der für Menschen, die den Krieg nie erlebt haben, phantastisch klingen mag. Er erzählt jedoch die jüngste Geschichte eines afrikanischen Landes, das heute noch an den Nachwirkungen des Krieges leidet.

 

Paulina Chiziane: Wind der Apokalypse. 

Aus dem Portugiesischen von Elisa Fuchs. 

Frankfurt, Brandes & Apsel/Südwind, 1997. 260 Seiten. 38,00 DM.