El viaje después del viaje

Interview mit Don Cholo

Den Job aufgeben, die Wohnung kündigen und einfach mal mit dem Rucksack losziehen. Diesem Impuls sind der Kölner Musiker und Lehrer Don Cholo und seine Frau 2014 nachgegangen. Fast zwei Jahre lang sind sie musizierend durch Lateinamerika gereist. Auf seinem ersten Solo-Album „El Viaje“ verarbeitet Don Cholo die Reise und nimmt dabei auch seine eigenen peruanischen Wurzeln kritisch unter die Lupe. matices-Redakteurin Julia Brekl traf Don Cholo zum Interview.

Das Album klingt sehr divers, fast wie eine musikalische Reise quer durch Lateinamerika. Wie würdest Du persönlich den Klang beschreiben?

Ich sage dazu immer „Rap Alternativo“, weil das verbindende Element des Albums Rap ist. Aber es ist nicht der Standard-Oldschool-Rap, sondern Rap mit argentinischer Chacarera oder mal mit einem afroperuanischen Cajón als Beat. Ich glaube insgesamt würde „Latin Alternative“ gut zutreffen.

 

Cumbia und Salsa sind wiederum nicht zu hören. Eine bewusste Entscheidung?

Ich habe mich bewusst gegen Salsa und Cumbia entschieden, nicht weil ich etwas gegen die Musikrichtungen hätte, ganz und gar nicht! Ich habe 15 Jahre lang in einerBand gespielt habe und da haben wir schon viel an dieser Verschmelzung von Cumbia, Rap, Salsa und HipHop gearbeitet. Für die, die mich von damals kannten, wollte ich diese Erwartungen nicht erfüllen (lacht). Auch wenn es komplizierter ist, wollte ich etwas Neues machen. Das ist eigentlich immer meine Idee, wenn ich Musikmache. Es ist wie beim Reisen. Du kannst eine all-inclusive 08/15-Reise buchen unddann bekommst du dein Hotel, dein Essen und alles serviert. Oder du sagst: Hey, ichnehme meinen Rucksack und fahre dahin, biege links oder rechts ab, wenn ich will und der Weg wird sich schon zeigen.

 

Bist Du mit Deiner Frau auch so spontan durch Lateinamerika gereist?

Nichts im Voraus zu planen - das war das Erste, was wir gelernt haben. Wir kamen inPanama an und hatten eigentlich vor, direkt runter nach Kolumbien zu segeln. Wir hatten einen Segeltrip nach Cartagena gebucht und bis zur Abfahrt noch eine Woche Zeit in Panama. Dann haben wir uns entschieden, durch Panama zu fahren und haben uns in die kleine Insel Bastimentos verliebt. Dort haben wir dann letztendlich fast zwei Monate verbracht und auf einer Kaffeefarm Kinder unterrichtet. Das Geld für diese Segelbootsfahrt haben wir natürlich verloren (lacht). Das war also unsere erste Lehre: Alles spontan auf sich zukommen lassen.

 

Du bist mit 13 Jahren aus Peru nach Deutschland gekommen und danach kaum zurückgekehrt. Hast Du das Land nach so langer Zeit noch mal neu entdeckt?

Das trifft es genau, das war für mich ein Neuentdecken. Ich hatte damals nie die Möglichkeit gehabt, mich richtig von Peru zu verabschieden. Als ich meine Eltern in Deutschland besucht habe, haben sie mir immer gesagt: Du kommst nicht für immer hier hin, sondern nur für die Ferien. Und dann wurden die Ferien immer länger und nun wohne ich hier seit 24 Jahren. Das erste Mal bin ich erst nach 8 Jahren wieder nach Peru gereist. Bei unserer großen Reise war ich also in einer komplett anderen Situation in Peru. Ich habe das Land mit meinem neuen europäischen Horizont noch mal ganz anders kennengelernt. Vieles hat mir gefallen, aber vielem stand ich auch kritisch gegenüber und habe mich gefragt, warum das dort nicht funktioniert. Diese Begegnungen habe ich auch im Song „Querida Patria“ verarbeitet, einem Lied, das ich Peru gewidmet habe. Es ist keine Liebeshymne, sondern ich zähle Dinge auf, die mich nerven: der Machismo, Sexismo, Homophobie. Letztendlich fühle ich mich aber viel deutscher als peruanisch, auch wenn ich auf dem Papier immer noch Peruaner bin.

 

Du kritisierst einige soziale Themen auf dem Album. Bist Du unsicher, wie die Leute in Lateinamerika auf Dein Album reagieren?

Vor allem bei „Querida Patria“ glaube ich, dass das auf wunde Punkte treffen kann. Ich habe vorher viele Peruaner und Peruanerinnen in Deutschland und Peru gefragt, was sie in Peru ändern wollen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Die meisten hatten viel an der Politik auszusetzen. Die letzten fünf Präsidenten mussten ins Gefängnis, das sagt schon alles. Ich habe als Veröffentlichungsdatum bewusst den 28.Juli ausgesucht. Das ist der peruanische Nationalfeiertag. In dem Song übe ich viel Kritik an der peruanischen Kultur. Es kann sein, dass mich viele Peruaner danach hassen werden (lacht), aber ich gebe am Ende des Songs ja auch meine Message, wie aus meiner Sicht alles besser werden könnte. Viele verlassen sich auf die Politik oder machen sich gar keine Gedanken, aber ich denke, dass jeder etwas dazu beitragen kann und sollte, damit das Land vorankommt.

 

Haben Dich andere Künstler*innen in Bezug auf Dein Album inspiriert?

Während der Reise habe ich viel Stromae, Jorge Drexler und Calle 13 gehört. Ich denke, dass sie meine musikalischen Konzepte bewusst oder unbewusst beeinflusst haben