Das Fahrrad, wie wir es heute kennen, wird in diesem Jahr 200 Jahre alt: Das erste lenkbare Fahrrad, die vom Mannheimer Karl Drais entwickelte “Laufmaschine” war 13km/h schnell und wog knapp über 20kg - als Alternative zum Pferd eine Revolution. Mittlerweile gibt es Fahrräder, die nur noch wenige Kilo wiegen und die Rekordgeschwindigkeit (im Windschatten) liegt seit 1995 bei 268km/h. Das Fahrrad hat eine beeindruckende Geschichte hinter sich, und bisher scheint es nicht, als sei die Entwicklung des Drahtesels und seiner Nutzung an einem Ende angekommen.
Die Idee, sich auf Rädern aus eigener Muskelkraft fortzubewegen, lässt Menschen auch heute noch kreativ werden. Minimalistische Fixed-Gear-Räder, voll ausgestattete Elektroräder oder aerodynamische Lastenräder sind nur einige Beispiele für Entwicklungen aus den letzten Jahren. Aber das Fahrrad ist nicht einfach nur ein vielfältiges Fortbewegungsmittel. Gerade mit Blick auf aktuelle Debatten um Umweltschutz, eine soziale Infrastruktur und das Recht auf Stadt zeigt sich, dass sich an der Frage, wer sich wie fortbewegt, hitzige Debatten und politische Kampagnen entzünden können.
In vielen Großstädten Lateinamerikas ist die Gestaltung der urbanen Infrastruktur und Mobilität ein hoch relevantes Thema. Es geht dabei in Bezug auf das Fahrrad einerseits um die Rolle von nicht-motorisierten Teilnehmern am oft überlasteten Verkehrsnetz. Andererseits zeigt sich am Beispiel Fahrrad auch, welche gesellschaftlichen Fragen außerdem diskutiert werden (müssen): Gruppen von Frauen nutzen das Fahrrad, um selbstständig mobil zu sein, Menschen ohne Auto nutzen Räder als günstigen Ersatz und umweltbewusste Bürger fordern mit der Radnutzung ein sozialeres und nachhaltigeres Leben in der Stadt.
In den letzten Jahren haben sich in den Städten Lateinamerika so immer mehr Formen des Fahrrad-Aktivismus gebildet. Mal handelt es sich um von Bürgern organisierte Aktivitäten, mal sind es Projekte der Regierung. Der Themenschwerpunkt in diesem Heft greift diese und weitere Aspekte rund um das Rad auf: Es geht unter anderem um den Radsport in Kolumbien (“Auf dem Weg nach oben”); Aktivisten und Organisationen verschiedenster Länder werden vorgestellt (u.A. “Por quê pedalar é um ato político”); Vicente Ugalde macht aber auch klar, dass das Fahrrad kein Allheilmittel für Probleme des städtischen Verkehrs ist (“Derecho a pedalear, derecho a la ciudad”). Unabhängig davon, wie man die derzeitigen Entwicklungen um das Fahrrad bewertet - dass es sich dabei um einen Prozess handelt, der die Gesellschaft verändern kann, ist klar. In diesem Sinne schreibt Martin Herrndorf treffend: ¡Viva la Velolución!
Gesellschaft sociedad(e)
Das Kräftemessen zwischen Chavismus und Opposition ist noch lange nicht entschieden
von Harald Neuber
Los duenos de la calle
Una plática con Tamara de Anda sobre el acoso callejero en México
por Nora Schramm
Quem vai poder morar em Lisboa?"
Gegen den Gentrifizierungsprozess in Lissabon regt sich Widerstand
Von André Araújo Soares
Zwischen Krieg und Frieden
In Ubergangscamps sollen sich ehemalige FARC Kämpfer auf ein ziviles Leben vorbereiten
von Katharina Maur und Maris Laborde
Wer ist eigentlich Heesa Medina?
von Judith De Santis
Länderberichte
Chile, Bolivia, Guatemala, Argentina
Schwerpunktthema
¡Viva la velolución! Das Fahrrad als Politikum
Wo steht das Rad in...
Lateinamerikanische Beispiele für Fahrrad Aktivismus
von Mila Brill
Derecho a pedalear, derecho a la ciudad
En la Ciudad de México cambian los modos de moverse
von Gunda Wienke
Auf dem Weg nach oben
Radfahren in Lateinamerika
von Gunda Wienke
Bicicologista
Alternative Transportwege in Chile
von Claudio Olivares Medina
Porque pedalar é um ato político
Percepções de um ciclista em São Paulo
por João Paulo Amaral
¡Viva la Velolución!
Die neue lateinamerikanische Unabhängigkeitsbewegung auf zwei Rädern
von Dr. Martin Herrndorf
Pedaleando hacia una ciudad mejor
Un grupo de mujeres quiere cambiar las jerarquias en el tráfico urbano
Voces directas
Kultur - cultura
Ovarian Psycos
Frauenpower in Los Angeles
von Emily Thomey
Von der Fiktion eines besseren Brasiliens
Das 70. Filmfestival von Locarno
von Ute Mader
, Man muss darüber sprechen"
Interview mit Filmemacher Andrés Lübbert zu seinem Film ,,El color del camaleón"
von Verena Schmöller
Das Lied der Frauen vom Fluss:
Die ,Cantos de Sirena" von La Fura dels Baus
von Dirk Ufermann
Kein Postkarten-Brasilien
Da Cruz Brazilian Beats aus Bern
von Frank Keil
,,Fühl dich wohl, so wie du bist!"
Ein Interview mit der Kölner Band Chango Leon
von Carolin Freudenthal
Rezensionen reseñas resenhas
Musik Rezensionen zu
Profetas, Hotel Bossa Nova, Nomade Orquestra und Simon Poxyran
Kunstmusik-Kolonialismus-Lateinamerika
Barbara Alge (Hrsg.)
Madrid, Mexiko
von Antonio Ortuño
Squatting in Rio de Janeiro. Constructing Citizenship and Gender from Below
von Bea Wittger
Subalternativen. Postkoloniale Kritik und dekolonialer Widerstand in
Lateinamerika
Rebecca Steger /Marie Ludwig /Julia Brychcyet. al. (Hrsg.)
El clásico: Los Prisioneros
La voz de los '80
Gastón del Solar Falen
von Harald Neuber
Seit Wochen und Monaten suchen internationale Medien stets nach neuen Superlativen, wenn es um Venezuela geht. Denn die Krise in dem südamerikanischen Land spitzt sich immer weiter zu, ständig werden neue Niveaus der Konfrontation erreicht, die kurz zuvor kaum denkbar waren. Hilfe soll nun ausgerechnet von US-Präsident Trump kommen.
por Dr. Vicente Ugalde
Para los visitantes ocasionales de la Ciudad de México que nacieron en la década de los setenta es evidente que el paisaje urbano ha cambiado en las últimas décadas.
von Carolin Freudenthal
Das Latin-Rock-Trio aus Köln arbeitet gerade an seinem neuen Album. Vor den Aufnahmen wollen Chango Leon noch viele Live-Konzerte spielen. Carolin Freudenthal traf sie für Matices auf dem Streetlive 2017 in Leverkusen.